Wenn man heute als Community Manager nach seinem Beruf gefragt wird, ist die häufigste Reaktion meist immer noch “Was ist das denn?”. Dabei sind Communities allgegenwärtig. Selbst da, wo man sie nicht vermutet, sind sie meist bereits seit Langem etabliert. Jeder, der seinem Lieblings-TK-Pizzahersteller auf Twitter folgt, die Seite seiner Lieblingsbrause auf Facebook geliked hat oder regelmäßig schaut, was sein Lieblingsstarlet heute wieder auf Instagram gepostet hat, ist Teil einer Community.

Community im engeren Wortsinne bedeutet erst einmal nichts Anderes als “Gemeinschaft” oder “Gruppe von Menschen mit ähnlichen Interessen” im weiteren Sinne. Sobald Sie also eine Interessensgemeinschaft gründen, und sei es nur der “Club der Freunde gepflegter Diskussionen über Zwergsittiche”, sind Sie Community Manager. Herzlichen Glückwunsch!

#1 Community Manager = eierlegende Wollmilchsau

Als Community Manager muss man ein recht breit gefächertes Skillset aufweisen. Ein wenig grundlegende Psychologie schadet schon mal gar nicht. Aber auch den inneren Gebrauchtwagenverkäufer muss man zu channeln verstehen. Ein guter Community Manager hat zudem ein zumindest grundlegendes Verständnis von Marketing und kann ansprechende, spannende Texte schreiben. Außerdem besitzt er grundlegende Kenntnisse unterschiedlicher Tools und Softwares wie z.B. Excel, Photoshop, Premiere, WordPress, u.v.m., denn diese benötigt er tagtäglich. Ein guter CM ist im Grunde so eine Art Jack of all Trades: er kann viele Dinge und braucht die meisten davon auch täglich.

Um wirklich klar beschreiben zu können, was ein Community Manager tut, muss man zwingend wissen, in welchem Bereich dieser arbeitet. Die Aufgabenfelder und täglichen Aufgaben hängen nämlich extrem davon ab, in welchem Bereich man tätig ist. Im Onlinegaming, also meinem Bereich, hat man andere Aufgaben als beispielsweise, wenn man das Community Management von ALDI oder REWE zur Aufgabe hat. Eines haben jedoch alle Community Manager gemein: sie stehen, zusammen mit den Supportern, an vorderster Linie und sind damit direkt am Puls der Kunden.

#2 Statistiken, Analysen und co. sind des CM täglich Brot

Neben dem regelmäßigen und kontinuierlichen Interagieren mit seinen Nutzern verbringt der CM extrem viel Zeit mit Metriken. Wieviele Nutzer reagierten auf Content X? Wieviele Nutzer diskutieren in Thread Y? Und nicht nur die eigenen Metriken interessieren den CM: die kontinuierliche Recherche bei Mitbewerbern und die nach den “best practices” für die diversen genutzten Tools, Plattformen und co. gehören zum täglichen Geschäft. Kennzahlen bestimmen den Kurs: wer weiß, wie die Nutzer auf bestimmte Dinge reagieren, kann seine Kommunikation daran anpassen und die Reaktionen der Community steuern. Natürlich nicht insgesamt, es gibt immer genügend Nutzer, die sich auch vom wortgewandtesten CM nicht beeindrucken und umstimmen lassen. Aber den Grundtenor kann man durchaus beeinflussen.

#3 Deine User schaust du dir ganz genau an

In jeder Community finden sich sogenannte Keyuser. Im Onlinegaming nennen wir diese Keyplayer. Es gibt unterschiedliche Arten von Keyplayern. Auf Neudeutsch nennt man die heutzutage auch Influencer. Egal, wie man sie nun nennt, allen unterschiedlichen Keyplayern ist eines gemeinsam: sie sind die Stimmen der Community. Im Positiven, wie im Negativen. Onlinecommunities sind dieselben sozialen und psychologischen Eigenschaften gemein, wie Schulklassen oder anderen Offlinecommunities: es gibt immer eine gewisse Anzahl an Sprechern. Es lohnt sich, Zeit darin zu investieren, die Meinungsmacher und Sprecher zu identifizieren und ihnen mehr Zeit zu widmen. In der Regel wissen sie sehr genau, wie die Mehrheit der Nutzerschaft tickt. Häufig sind sie auch die Robin Hoods der Community. Als einflussreiches, beliebtes oder sehr charismatisches Mitglied sind sie die, die für jene sprechen, die es selbst nicht können.

#4 Trolle füttert man…nur manchmal

Da scheiden sich die Geister. Der uralte Ratschlag “Don’t feed the troll” hat ja durchaus seine Vorzüge. Es kann tatsächlich sinnvoll sein, Trolle nicht zu ignorieren, sondern auf sie einzugehen. Den Troll selbst wird man nie umstimmen, das ist klar. Aber wenn man es richtig anstellt und die Situation sich anbietet, kann man mit der richtigen Handhabung des Trolls den Rest der Community auf seine Seite ziehen.

In den meisten Fällen bringt es aber, das stimmt schon nach wie vor, nur selten etwas, Trolle zu füttern. Gerade unerfahrenen Berufsanfängern würde ich nie raten, sich auf einen Troll einzulassen. Das ist ein Kampf, den man nur schwer gewinnen kann und der sich selten lohnt. Selbst mit fast 15 Jahren Erfahrung im Online-Community Management ist auch für mich die Entscheidung häufig ein Gamble und hat eine 50:50 Chance, gut oder unheimlich übel auszugehen.

#5 Man hat nur selten mit zufriedenen Kunden Kontakt als CM

Es gehört zu den Ironien des Alltags eines CM, dass du selten mit zufriedenen Kunden Kontakt hast. Wer zufrieden ist, der spielt meist einfach in Ruhe das Spiel und hat kaum Interesse an Kontakt mit dem Team. Gemäß dem Schwäbischen Grundsatz “Net gschumpfa isch g’lobt g’nug!” (für die Nichtschwaben: “Nicht geschumpfen ist gelobt genug!”) melden sich zufriedene Kunden meist eher selten zu Wort. Gerade als Berufsanfänger kann man da schnell den Eindruck bekommen, es gäbe wirklich niemanden, der mit dem Produkt zufrieden ist. Das stimmt so in der Regel nicht und man muss immer im Hinterkopf behalten: wer kein Problem mit dem Produkt hat oder zumindest keines, dass ihn entsprechend ärgert, nutzt das Produkt und schweigt. Es liegt in der Natur von uns Menschen, dass wir eher schimpfen und meckern, als zu loben. Gerade im Onlinegaming brauchst du hierfür starke Nerven und ein dickes Fell. Denn gerade Onlinegames üben eine starke Anziehungskraft auf die Nutzer aus und ein Gamer, der zwar unbedingt gerne möchte, aber gerade nicht auf seinen Spielserver kommt, kann schon sehr kreativ werden, was die Äußerung seines Unmuts angeht.

#6 Nichts ist jemals wirklich in Stein gemeißelt

Ich sprach zuvor kurz über best practices und dass man sich ständig fortbilden und auf dem Laufenden halten muss. Als Community Manager bist du entweder flexibel und anpassungsfähig, oder du hast ein Problem. Du hast jeden Tag etwas Neues und du kannst dich nie wirklich darauf einstellen, wie der Tag ablaufen wird. Das hat allerdings auch etwas Gutes: die meisten Probleme haben auch mindestens 300 unterschiedliche, potentielle Lösungen. Und es gibt keine Garantie, dass das, was Kunde A zufriedenstellt, auch bei Kunde B genauso gut klappt, selbst, wenn das Problem identisch ist. Es gibt zwar natürlich Dinge, die quasi immer funktionieren, gewisse Standards und eben diese best practices. Aber auch diese sind nicht in Stein gemeißelt.

#7 Der Kunde ist König

Und zwar jeder einzelne davon in seinem eigenen Königreich. So benehmen sich viele dann auch, aber leider historisch eher korrekt: von sich überzeugt, arrogant und mit einer Menge Überzeugung, dass sie im Recht sind. Dabei sind sie auch in aller Regel alles Andere als geduldig, egal, wie viele Anfragen du hast und wie wenig Manpower dir zur Verfügung steht. Jeder ist davon überzeugt, dass sein Problem das einzig wahre und wichtige ist und daher absoluten Vorrang zu genießen habe. Das Problem ist: du musst jedem Einzelnen davon den Eindruck vermitteln, dass dem auch so ist und entsprechend auftreten. Ist es natürlich nicht und deine Chefs werden ihre ganz eigenen Prioritäten und Sichtweisen haben. Aber es bringt dich eben auch nicht weiter, erstmal zu versuchen, dem Kunden genau zu erklären, wie das mit der Priorität nun wirklich ist. Verständnis werden nur die wenigsten Kunden haben und für Endlosdiskussionen fehlt dir schlicht die Zeit.

#8 Seine Grenzen zu kennen ist wichtig

Ein Kollege von mir, seines Zeichens zu dem Zeitpunkt Product Manager, hat mal etwas sehr Schlaues gesagt, das ich gerne zitiere: “Du kannst immer nur mit der Armee in den Krieg ziehen, die du auch hast.“. Da hat er Recht. Das wäre dann das Ding mit den Zitronen und der Limonade. Als CM hast du das ständig. Du sollst mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel aus der Community herausholen. Ein guter Community Manager kann das tatsächlich auch: durch Events, Contests, Quizzes und co. lässt sich häufig Einiges ausbügeln. Natürlich ist das kein Allheilmittel und früher oder später müssen Bugs behoben und neue Features implementiert werden. Als CM ziehst du täglich in diesen Krieg und jeden Tag aufs Neue mit immer weniger Waffen, Munition und Mitstreitern. Gerade heutzutage, im Zeitalter der instant gratification, in dem jeder sich entitled fühlt und jeder alles bekommen können muss, ist CM im Onlinegaming ein anspruchsvoller Job. Nichts hat mehr Zeit, niemand hat Geduld und alles muss sofort sein.

Wichtig ist, dass man nie vergisst, wo die eigenen Grenzen sind. Es bringt niemandem etwas, sich in Kämpfen zu verrennen, für die man die Armee nicht hat. Im Zweifel ist es besser, ein Schlachtfeld zu meiden, wenn man im Vorhinein schon weiß, dass man unterbewaffnet und in der Unterzahl ist.

#9 Du kannst nicht warten, bis die Community zu dir kommt

Als CM gehst du dorthin, wo die Community ist. Die Zeiten, in denen du bestimmst, wo du bist, sind vorbei. Wenn deine Community sich bei Instagram sammelt, du aber weiterhin darauf bestehst, nur in deinem Kommentarbereich auf der Webseite, im Forum, etc. erreichbar zu sein, verlierst du wertvolle Communitybindung und Feedback. Selbst, wenn du persönlich eine Plattform nicht magst, albern findest oder glaubst, sie passt nicht zu deiner Brand: wenn dort eine signifikante Anzahl deiner User ist, solltest du auch dort sein. Wir erinnern uns an Punkt 2: Zahlen und Statistiken sind als CM dein täglich Brot. Mehr Feedback ist immer gut.

Es gehört daher damit auch zum täglichen Ablauf des CM/SMM, sich über gängige und beliebte Social Media Plattformen, Entwicklungen und neue Kommunikationswege zu informieren.

#10 Der Kunde meint gar nicht dich

Du darfst dir auch nie zu eigen machen, was Kunden dir an den Kopf werfen. Kunden beschimpfen nicht dich, sie beschimpfen das, wofür du stehst. Was du repräsentierst. Und dein Arbeitgeber bezahlt dich dafür, das durch Filter zu jagen und aus alledem verwertbares Feedback zu aggregieren. Ich wurde mal gefragt, wie ich meinen Job in einem Satz beschreiben würde. Meine Antwort war “I apologise all day for things that aren’t my fault.“. Zu Deutsch: “Ich entschuldige mich den ganzen Tag für Dinge, die nicht mein Fehler sind.”.

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

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