Wir sind eine Gesellschaft von Weicheiern. Mit allem, was wir sagen, können wir theoretisch mittlerweile irgendwen “offenden” und zwar so tiefgehend und stark, dass wir am Besten gar nichts mehr sagen. Gerade im Netz, wo uns Mimik und Gestik fehlen, um einen Text vernünftig zu interpretieren, offenbart sich ein Abgrund, ob dessen Tiefe der Marianengraben neidisch würde, wenn es darum geht, was Menschen tatsächlich schreiben und was andere dann da hineininterpretieren.

Menschen, die frei heraus sagen – oder Gott behüte, schreiben – was sie denken, laufen stets Gefahr, anzuecken. Das war schon immer so, aber gefühlt wird das mit mehr und mehr “Oh Gott, wenn ich das jetzt sage, kriegt Jeremy Pascal bestimmt Frustpickel!” immer schlimmer und ich frage mich mittlerweile mehr und mehr, wohin das noch führen wird. Je nachdem, wen man fragt, ist es ja bereits rassistisch, auf unterschiedliche Herkunft nur hinzuweisen. Wenn ein Schwarzer – darf man auch nicht mehr sagen, auch rassistisch – sagt, er sei froh, schwarz zu sein, geht das voll klar. Tut ein Weißer das Selbe, ist er ein pöhser Rassist und gehört gesteinigt. Siehe Carton oben…macht das doch mal in der Öffentlichkeit. Viel Spaß auch 🙂

Aber auch Direktheit, Offenheit und Ehrlichkeit bringen einen heute gar nicht so weit, wie mans gerne hätte. Niemand will gerne angelogen werden und Ehrlichkeit erwarten sich alle von einem, aber die Ehrlichkeit und Wahrheit darf bitte nicht wehtun, nein, die muss schön weichgespült und in tolle Floskeln verpackt werden. Dass damit alles viel länger dauert, alles unpräziser wird und irgendwann mal selbst völlig berechtigte Kritik wie Lobhudelei klingt, weil man anderenfalls die armen Seelchen schänden würde…wen kümmert das schon. Ich weiß ja nicht, aber wenn ich früher Scheiße gebaut habe, hat man mir das auch so in aller Offenheit gesagt. Sicher, als Kind fand ichs kacke und hab auch je nach speziellem Fall bestimmt das eine oder andere Kullertränchen verdrückt, aber überlebt hab ichs allemal und ich kann jetzt nicht wirklich einen größeren hieraus entstandenen Schaden feststellen.

Tatsächlich bin ich mir sicher, dass uns Wischiwaschi, Weichspülkram und übertriebene Political Correctness wesentlich mehr schaden, als ein offenes, direktes Wort. Die Realität ist hart. Es bringt nichts, sie mit schönklingenden Wattebäuschchen zu ummanteln, das ist weder ehrlich noch effizient und schon gar nicht zielführend. Wenn jemand was tut, was ich kacke finde, dann werd ich das wohl noch genau so und deutlich sagen dürfen. Das geht schneller, als mir für jeden potentiell eventuell harschen Satz erstmal die richtigen Ummantelungswattebäuschchen einfallen zu lassen, DAS ist nämlich genau das, was lähmt und Effizienz tötet.

In diesem Sinne.

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert