Als erster syrischer Flüchtling wollte Tareq Alaows für die Grünen in den Bundestag einziehen. Er kam 2015 nach Deutschland, lernte, so die Zeitungsmeldungen über ihn, Deutsch mit dem Grundgesetz und setzte sich nach und nach stark für Belange, die ihn interessierten, ein. Leistete politische Arbeit, integrierte sich, kurzum: ein engagierter, junger Mensch mit Zielen und Plänen. Der Antrag auf die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft war ebenfalls bereits gestellt.

Rückzug der Kandidatur aufgrund rassistischer Anfeindungen

Unlängst zog Alaows nun allerdings seine Kandidatur zurück. Als Hauptgrund gab er massive rassistische Anfeindungen und Angst um seine Familie an. Die Webseite der Grünen Dinslaken zitiert ihn wie folgt:

Alaows sagt: “Die hohe Bedrohungslage für mich und vor allem für mir nahestehende Menschen ist der wichtigste Grund für die Rücknahme meiner Kandidatur.”

https://www.gruene-dinslaken.de/rueckzug-der-bundestagskandidatur-von-tareq-alaows/

Es liegt mir fern, Herrn Alaows Beweggründe in Frage zu stellen. Ich habe keine Zweifel daran, dass er das so fühlt und wahrnimmt und ich habe – leider – auch keine Zweifel daran, dass es an entsprechenden xenophoben und rassistischen Anfeindungen ihm und seiner Familie gegenüber keinen Mangel gegeben haben wird. Und er hat Recht, wenn er sagt, dass es in Deutschland nach wie vor ein großes Problem namens Rassismus gibt und wir als Gesellschaft uns diesem gemeinsam entgegenstellen müssen. Rassismus in all seinen Spielarten und insbesondere der strukturelle Rassismus dürfen nicht “normal” werden. Als Demokraten, die sich dem Grundgesetz und den Werten der Bundesrepublik Deutschland verbunden fühlen, dürfen wir (strukturellen) Rassismus nicht dulden, sondern müssen uns ihm entgegenstellen, wo wir ihn entdecken. Das steht völlig außer Frage.

Gibt es noch andere Gründe?

Neben seinen, von ihm persönlich als Hauptgrund genannten, Beweggründen, die Kandidatur zurückzuziehen, gibt es allerdings auch ganz stumpfe, formelle Gründe, weswegen der Plan so vermutlich nicht durchgezogen hätte werden können. Denn das Bundeswahlgesetz schreibt ganz klar vor, welche Voraussetzungen für eine Wählbarkeit erfüllt werden müssen:

Bundeswahlgesetz §15, Wählbarkeit

Herr Alaows erfüllt aktuell die Bedingung in §15 Absatz 1 Satz 1 nicht. Das ist soweit erstmal kein großes Problem, denn um im Sinne dieses Gesetzes wählbar zu sein, genügt es – siehe Wortlaut – völlig, wenn er dies am Wahltag tut. Dieser ist ja noch eine Weile hin. Wir kennen aber alle die sehr langsam mahlenden Mühlen der deutschen Bürokratie: dass er diese Hürde rechtzeitig gestemmt hätte, ist nicht sicher und liegt auch nur sehr bedingt exklusiv in seinen eigenen Händen.

Damit ergibt sich für mich ein sehr ungutes “Gschmäckle”: die ganze Aktion könnte nichts weiter gewesen sein, als ein PR Stunt. Denn wie peinlich wäre es denn bitte gewesen, hätte er am Wahltag tatsächlich die deutsche Staatsbürgerschaft noch nicht erlangt? Das Unterfangen “Ich will in den Bundestag” ist doch keines, mit dem man zeitlich so spielt und sich sagt “Ach, wenns zeitlich nicht hinhaut, war es halt Pech.“.

Demokratie ist kein Spielzeug

Das glaube ich auch nicht. Ich kaufe Herrn Alaows nämlich durchaus ab, dass er ernste Absichten hat und sein politisches Engagement ernst meint. Umso mehr fühlt sich das nach PR Stunt an; nach einem Versuch, über das Thema Rassismus Sympathien und möglicherweise auch Stimmen für die Grünen zu erhaschen. Nun, natürlich ist das reine Spekulation. Sollte ich mit diesem Gefühl Recht haben, wäre dies allerdings dreist und mehr als nur unangemessen.

Es wäre ein abgekartertes Spiel und eine absichtliche Schädigung der Demokratie seitens der Grünen. Ganz zu schweigen davon, welchen Bärendienst man damit dem nötigen und wichtigen Kampf gegen Rassismus und Xenophobie erwiesen hat, der wahrlich ohnehin bereits schon schwer und fordernd ist und sich garantiert nicht über weitere Äste in den Speichen freuen wird.

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

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