Er sah für einen Moment kurz in den Rückspiegel und betrachtete sich selbst. Triefend nasse, schulterlange Haare, ein verhärmtes, unrasiertes Gesicht und Augenringe so tief wie der Mariannengraben blickten ihm entgegen und schienen ihn höhnisch auszulachen. Er schnaubte sein Spiegelbild verächtlich an und drehte den Schlüssel im Schloss. Der Motor sprang heulend an und hustete ein, zwei Mal, bevor er langsam in einen halbwegs stabilen Laufrhythmus überging. Markus warf einen letzten Blick über die Schulter, doch von Sven war immer noch keine Spur zu sehen. Er legte den Gang ein und fuhr mit quietschenden Bremsen los. Ein kurzer Seitenblick auf den Beifahrersitz offenbarte ein komplettes Chaos und ließ tiefer blicken, als ihm lieb war. Unter einem Berg von Dokumenten, die sich um die Vorherrschaft über den Beifahrersitz mit leeren Fast Food Verpackungen und Strafzetteln stritten, lugten zwei Flaschen Whisky hervor, eine davon leer. Ein Schicksal, welches die andere Flasche bald teilen würde und von dem sie bereits jetzt nicht mehr allzu weit entfernt war. Im Radio lief, wie zu dieser Nachtzeit üblich, ein Mix aus alten Rockballaden und Popklassikern. Landstraßenmusik, wie Markus es nannte. Er kurbelte das Fenster herunter und zündete sich eine Zigarette an. Sein Blick wanderte kurz zu der Whiskyflasche. Er nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. Seine Lunge schrie ihn förmlich an, ein stechender, schriller Schmerz fuhr ihm durch die Brust und entlud sich in einem Hustenanfall.

Der Nieselregen hatte sich inzwischen zu einem leicht plätschernden, stetigen Rhythmus eingeregnet. Inzwischen hatte er die Stadt hinter sich gelassen und fuhr die dunkle, unbeleuchtete Landstraße entlang. Ein Ziel hatte er nicht wirklich; im Grunde fuhr er einfach nur, wohin die Landstraße ihn führte. Er griff zur Whiskyflasche auf dem Fahrersitz. Ganz kurz hatte er einen Anflug von Vernunft und hätte beinahe die Flasche wieder zurückgelegt. „Als ob.“, murmelte er, fummelte unbeholfen den Verschluss ab und nahm einen großen Schluck Whisky. Ein wohlig warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus, während er einen zweiten, kräftigen Schluck aus der Flasche nahm. Stumm, aber innerlich immer noch brodelnd, starrte er in die Dunkelheit vor sich und gab mehr Gas.

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

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