Kapitel 1

In einer Kleinstadt in Deutschland, 2017
Gelangweilt, genervt und mittlerweile mehr und mehr auch verärgert sah Markus sich um. Nichts, absolut gar nichts, deutete darauf hin, dass sein Informant pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt erscheinen würde. Wie er sowas hasste. Mürrisch vor sich hinmurmelnd griff er in die Innentasche seines zerschlissenen Windbreakers und fingerte mühsam die Packung Zigaretten heraus, die sich darin befand. Er steckte sich eine Zigarette an und nahm einen ersten, tiefen Zug, den seine Lunge sofort mit einem sehr intensiven, brennenden Schmerz quittierte. Er ignorierte dieses eindeutige Zeichen dafür, dass er in letzter Zeit schon wieder viel zu viel geraucht hatte und nahm einen weiteren Zug. Von seinem Informanten war indes weit und breit immer noch nichts zu sehen und das, obwohl dieser bereits fast eine halbe Stunde überfällig war. Sven war nun zwar nicht gerade für seine Verlässlichkeit und Pünktlichkeit bekannt, aber so lange hatte Markus noch nie auf ihn warten müssen. Er griff in seine Innentasche und holte sein Mobiltelefon heraus. Keine Nachricht, kein verpasster Anruf, keine Email, nichts, was die Situation auch nur im Geringsten aufklären hätte können. Er zog erneut an der Zigarette und blies den Rauch in die Richtung, aus der er Sven seit über einer halben Stunde ankommen zu sehen erwartete. Es war kalt, es nieselte und wirklichen Unterschlupf bot ihm die Seitengasse auch nicht, so dass er mittlerweile durchnässt war, was nicht unbedingt zur Aufhellung seiner Stimmung beitrug. Er scrollte durch die Kontakte seines Mobiltelefons, bis er bei Svens Nummer ankam. Energisch, so als ob dies den Erfolg der Aktion garantieren könne, tippte er auf das Anrufsymbol und hob das Telefon ans Ohr. „Komm schon, du Idiot, geh ran.“, murmelte er. Nichts. Es klingelte, aber niemand hob ab. Er ging ein paar Schritte, schnippte den Rest der Zigarette genervt in die Ecke und sah sich erneut um. Es war nichts zu sehen, nur der Nieselregen, der beständig und geradezu stoisch zu Boden plätscherte, aber immer noch kein Sven. Er drehte auf der Stelle um und stapfte wütend in Richtung seines Autos. Sollte Sven der Teufel holen. Svens Nachricht war kurz angebunden und bestenfalls mysteriös, je länger er darüber nachdachte und langsam aber sicher begann Markus‘ Zorn auf Sven in Zorn auf sich selbst umzuschwenken. Er hätte es besser wissen müssen, nach all den Jahren bestenfalls fragwürdiger Informationen, die er von Sven erhalten hatte und die bisher nie zu einem Artikel geführt hatten, hätte er sich jetzt nicht von ‚Das wird die Story des Jahrhunderts, Mann, damit kommst du ganz groß raus! Das ist groß!‘ beeindrucken lassen dürfen. Ein gutgläubiger Trottel, das war er, nicht mehr und nicht weniger. Und doch, die Nachricht von der Mailbox klang so ernsthaft, glaubwürdig, so hatte er Sven noch nie gehört. „Unsinn. Ein Nichtsnutz ist er. Und ich ein Trottel.“, brummte Markus vor sich hin und stapfte die letzten paar Schritte zu seinem Auto. Er hob den Schlüssel leicht an und deutete ihn in Richtung des Wagens, als er auf den Öffnungsknopf drückte, was der Wagen mit einem deutlich hörbaren Klicken quittierte, während der Schließmechanismus sich öffnete. Er stieg ein und steckte den Schlüssel ins Schloss.

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

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