Der folgende Beitrag mutet zugegebenermaßen etwas abstrakt an. Das ist schon gut und richtig so, denn der Anlass ist zwar etwas sehr Bestimmtes und Konkretes, aber die Kernaussage passt auch auf viele andere Situationen.

Oftmals findet man sich in einer Situation wieder, in der man nicht weiter weiß. Die Aufgabenstellung war klar: erreiche Ziel X. An sich simpel, klar und unmissverständlich. Das funktioniert meist auch genau so lange gut und problemlos, wie man alleine vor sich hin werkeln und auf das Erreichen von Ziel X hinarbeiten kann. Problematisch wird es dann, wenn man andere davon überzeugen muss, den Kurs, den man nach Ziel X eingeschlagen hat, mitzumachen.

Das haben wir schon immer so gemacht!

Menschen sind Gewohnheitstiere. Menschen möchten nicht, dass sich Dinge ändern. Das trifft durchaus in gewisser Weise und in gewissem Umfang auf jeden von uns zu. Selbst die von uns, die sich für besonders experimentierfreudig und weltoffen halten, werden Dinge finden, die sie schon immer so gemacht haben und bei denen sie gar nicht erst auf die Idee kommen, mal einen anderen Weg auszuprobieren.

Das ist ja auch verständlich und nicht per se etwas Schlechtes. Wer beispielsweise seinen Kaffee schon immer selbst, Tasse für Tasse, mit Filter und einem auf dem Herd erhitztem Töpfchen Wasser aufgebrüht hat und damit zurechtkommt, wird das auch weiterhin gerne so tun wollen. Manches Ritual ist auch schlicht nötig; da geht es weniger um das Ziel “Heiße Tasse Kaffee”, als um den Weg dorthin. Das ist in Ordnung. Wirklich. Es ist völlig in Ordnung, seine Rituale zu haben und diese auch verteidigen zu wollen.

Problematisch wird dies an den Punkten, an denen man mit klar effizienteren, zeitsparenderen und besseren oder günstigeren Methoden konfrontiert wird und diese einzig und allein aus dem Grund ablehnt, dass man das doch schon immer so gemacht hat, wie man es jetzt gerade macht. Rituale sind wichtig und können eine gute, positive Wirkung auf uns haben. Ebenso wichtig ist es allerdings, dass wir das abwägen und schauen, welches Ritual wir vehement verteidigen und welches nicht. Der “Return of Investment” muss stimmen und wenn ich mehr Energie in die Verteidigung eines Rituales stecke, als mir die Durchführung des Rituales spart, stimmt der eben nicht mehr. Dann wird das Ritual zur Bürde.

Das ist nicht unser Weg!

Nicht ganz unähnlich ist das Argument, dass das nicht “unser Weg” sei. Man gibt zwar zu, dass die vorgeschlagene Methode effizienter, sinnvoller und strukturierter ist, lehnt sie aber ab, weil das eben nicht der Weg ist, wie man in der jeweiligen Organisation Dinge tut.

Auch das ist verständlich. Man möchte sich selbst treu bleiben, eine klare Linie beibehalten. Wissen und zeigen, wofür man steht. Das ist löblich und nobel, aber eben auch nur dann, wenn man sich löblich und nobel leisten kann. Wenn der eigene Weg eindeutig und klar erkennbar seit langer Zeit nicht zu Ziel X führt, man stetig um Ziel X herumschippert oder gar weit vor der Küste von Ziel X vor Anker liegt, ist der eigene Weg vielleicht gar nicht wirklich der richtige. Es könnte bessere Wege geben.

Stur auf dem eigenen Weg zu beharren, auch wenn dieser einen ganz eindeutig nicht zu Ziel X führt, zeigt recht deutlich, dass man entweder gar nicht wirklich zu Ziel X möchte, oder, dass einem das Erreichen eines Ziels überhaupt nicht wichtig ist. Beides mag für sich genommen ja noch irgendwie legitim sein, geht aber in der Regel völlig an dem Sinn und Zweck einer Organisation oder Interessensgemeinschaft vorbei.

Was man mit einem solchen Verhalten effektiv tut, ist einzig und allein, die Organisation oder Interessensgemeinschaft am Erreichen von Ziel X zu hindern. Man sorgt für Stagnation, Resignation, Frustration und letztlich final absoluten Stillstand. Wenn man nicht aufpasst, verliert man auch noch das letzte bisschen Drive und Schwung, das einzelne Rädchen im Getriebe vielleicht noch hatten. Das Schiff liegt still vor Anker, der Anker zu schwer, um von Einzelnen noch gehoben werden zu können.

Neue Wege gehen!

Wenn man das nicht möchte, muss man rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen. Zur Not auch gegen die Gegenwehr jener, die von alten Gewohnheiten nicht ablassen möchte. Denn nur mit einem strukturellen, organisierten und koordinierten Vorgehen und guter Planung kann man Ziel X erreichen. Wenn “Das haben wir schon immer so gemacht!” und “Das ist nicht unser Weg!” dem im Weg stehen, muss man sich fragen, was einem wichtiger ist. Möchte man Ziel X erreichen oder kann man damit leben, alles so zu machen, wie man das schon immer gemacht hat, auch, wenn man dann Ziel X nie erreicht?

Das ist die elementare Frage in dieser Situation.

Und wer weiß, vielleicht muss man Ziel X auch gar nicht erreichen. Oder man erreicht es in einer anderen, neuen Organisation. Die Frage muss dann jeder für sich selbst beantworten.

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

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